Werke von Günter Lilge (1930-2022) als Leihgabe im Rathaus

Erstellt von Kathrin Kellermann |

Wer kürzlich im Bürgerzentrum in den ersten Stock gegangen ist, dürfte gestaunt haben: Dort hängen auf dem Weg in die beiden Säle drei Kunstwerke des Künstlers Günter Lilge, der im April 2022 im Alter von fast 92 Jahren verstorben ist. Zwei farbenprächtige Wandteppiche und ein Ölgemälde, das eine spannende Geschichte hat, wie Günter Lilges Sohn Henning Lilge verrät: „Die Malerei entstand 1960 auf einer Verkleidung des inneren Treppenaufgangs des 1957 errichteten Elternhauses, um diesen optisch zu verschönern. Als dieser Aufgang später in eine Freitreppe umgewandelt wurde und damit die Verkleidung wegfiel, wurde ein Teil des Kunstwerkes, das an Picasso erinnert, herausgeschnitten und gerahmt und verschönerte fortan den Wintergarten.“ 

Im Krieg war der in Brieg/Schlesien geborene Günter Lilge mit seiner Mutter und dem Bruder in den Westen Deutschlands geflohen, bezog mit der Familie eine beengte Wohnung in Opladen. Durch Porträtzeichnungen unterstützte der talentierte Lilge die Familie, bevor er an der Werkkunstschule Köln ausgebildet wurde.  

„Mein Vater besaß bis ins hohe Alter eine unglaublich ruhige und sichere Hand, hatte eine faszinierende Vorstellungskraft und eine unerschöpfliche Kreativität. Als Quelle diente ihm dabei vorrangig die Beobachtung an der Natur“, erzählt Henning Lilge. Aus Natur-Impressionen abstrahierte Günter Lilge Farben, Linien und Formen. „Kunst war für ihn eine vom Künstler gewählte Reduktion oder Hervorhebung getragen vom persönlichen Gestaltungswillen“, so der Sohn. 

Eine Erinnerung, die ihn bis heute zum Schmunzeln bringe, sei das Staunen spanischer Zollbeamten gewesen, so Henning Lilge. „Bei einem Urlaub auf den Balearen hatte mein Vater drei Kartons mit Strandgut gesammelt, die er am Strand zu einem Mosaik zusammengelegt hatte. Natürlich wollte er diese Kunstwerke mit nach Hause nehmen.“  

Mit Ehefrau Annemarie zog Günter Lilge 1957 nach Wermelskirchen, wo das Paar mit drei gemeinsamen Kindern an der Finkenholler Heide heimisch wurde. Zunächst verdiente er sein Geld als Werbegrafiker, später widmete sich Lilge immer stärker dem künstlerischen Schaffen. Grund war ein Herzklappenfehler und die laufende Verschlechterung seines Gesundheitszustandes, was ihm stets das begrenzte Leben vor Augen führte. 

Bis heute finden sich in Wermelskirchen Spuren seines künstlerischen Schaffens: Für die katholische Kirche St. Michael schuf Günter Lilge nicht nur das St. Michaelbildnis, sondern 1985 auch den Kreuzweg in Form von Reliefplatten. Für das Stephanus Gemeindezentrum gestaltete er das Kreuz, das im Gottesdienstraum auf dem Altar steht. Als Günter Lilge das Kreuz 1993 entworfen hatte, wartete er auf ein Spenderherz für eine Herztransplantation. Er sah es nach eigenen Angaben als Gottes Willen an, ob er das Kreuz noch vor der gefährlichen Operation fertigstellen konnte. Es ist ihm gelungen.  
Kirchenkunst war Günter Lilge wichtig, „aber er wollte sie modern interpretiert wissen“, sagt der Sohn. Oft beschäftigte er sich in seinen Bildern auch mit der Vorstellung der Engel, die den Menschen Schutz, Berater und Vermittler für Gottes Botschaft sind und entwarf eine Skulptur von Metallengeln, die bis heute vor dem Wohnhaus in der Finkenholler Heide steht. Viele seiner Aquarelle mit der unverkennbaren künstlerischen Handschrift wurden nicht nur bundesweit, sondern auch international in Detroit, Paris und Tokio ausgestellt. 

Seine Liebe zur Musik hat der Klavier- und Cembalospieler seinen Kindern mit in die Wiege gelegt. „Wir haben alle im Jugendorchester Wermelskirchen gespielt“, berichtet Henning Lilge, der bis heute Cello spielt, und dies durch Gitarre und Gesang ergänzt hat. Auch Tanz ist eine große Leidenschaft des Künstlersohns, der nach Stationen in Südamerika heute in Bonn lebt.
Die drei Kunstwerke seines verstorbenen Vaters, die während der Öffnungszeiten des Bürgerzentrums besichtigt werden können, sind eine Leihgabe des Künstlersohnes an die Stadt Wermelskirchen. „Aus Verbundenheit zu meiner Heimatstadt und vielen Musikfreunden, Freundinnen und Freunden, Nachbarn und vor allem auch den Weggefährten meiner Eltern. Insbesondere möchte ich neben meinem talentierten Vater mit der Leihgabe auch meine Mutter würdigen, die die starke Frau an seiner Seite war. Einer konnte nicht ohne den anderen. Wermelskirchen war ihr zu Hause.“ 

 

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Henning Lilge brachte die Kunstwerke zu Bürgermeisterin Marion Holthaus ins Rathaus, um sie dort auszustellen. Foto: Stadt Wermelskirchen / Kathrin Kellermann
Künstlersohn Henning Lilge brachte die drei Kunstwerke seines Vaters Günter Lilge (1930 -2022) persönlich ins Rathaus, wo die Leihgabe von Bürgermeisterin Marion Holthaus und Hartwig Schüngel (Technischer Beigeordneter) entgegengenommen wurde. Foto: Stadt Wermelskirchen / Kathrin Kellermann
Das Ölgemälde malte Günter Lilge auf den Treppenaufgang des Hauses der Familie. Jetzt ist es im Rathaus zu bewundern. Foto: Stadt Wermelskirchen / Stephan Singer